Eine unfassbare Ungerechtigkeit: Mahvash Sabet und Fariba Kamalabadi zu einem zweiten Jahrzehnt Gefängnis im Iran verurteilt

Berlin, 11. Dezember 2022 - Inmitten der zunehmend gewalttätigen und repressiven Maßnahmen der iranischen Behörden gegen ihre eigenen Bürger wurden zwei Bahá'í-Frauen, Mahvash Sabet und Fariba Kamalabadi, einzig wegen ihres Glaubens, zu einer zweiten zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Beide gelten im Iran als Sinnbilder der Resilienz, nachdem sie 10 Jahre im Gefängnis verbracht hatten.

Mahvash Sabet und Fariba Kamalabadi wurden am 31. Juli 2022 erneut verhaftet. Die jüngste Gefängnisstrafe wurde nach einem einstündigen Prozess am 21. November 2022 verhängt - eine Stunde, die der Richter hauptsächlich damit verbrachte, die Angeklagten zu beleidigen und zu demütigen. Dieser Prozess fand fast vier Monate nach ihrer Verhaftung statt. Richter Iman Afshari, Vorsitzender der Abteilung 26 des Revolutionsgerichts in Teheran, rügte die beiden Frauen dafür, dass sie aus ihrer früheren Inhaftierung „keine Lektion gelernt“ hätten.

„Es ist zutiefst beunruhigend zu erfahren, dass diese beiden Bahá'í-Frauen, die beide bereits ein Jahrzehnt ihres Lebens zu Unrecht wegen ihres Glaubens im Gefängnis verbracht haben, wegen derselben lächerlichen Anschuldigungen für weitere zehn Jahre inhaftiert werden“, sagt Jascha Noltenius, Beauftragter für Menschenrechtsfragen der Bahá'í-Gemeinde in Deutschland. „Mahvash und Fariba sind Ehefrauen, Mütter und Großmütter von Familien, die ihre Abwesenheit zuvor bereits zehn brutale Jahre lang ertragen mussten. Anstatt diesen Familien ihr Bedauern über die ungerechte Inhaftierung auszudrücken, wiederholt die iranische Regierung auf unglaubliche und unerklärliche Weise dieselbe Grausamkeit ein zweites Mal. Dieses irrsinnige Urteil, das sich auf keinerlei Beweise stützt, macht das iranische Justizsystem, in dem die Richter Ankläger, Richter und Geschworene in Personalunion sind, zur absoluten Farce. Diese absurde und grausame Ungerechtigkeit ist mit Worten nicht zu. beschreiben.“

Befürworter der beiden Frauen haben sie als Symbole für Widerstandskraft, als Vertraute anderer unterdrückter und inhaftierter Personen und als Mütter für alle iranischen Frauen bezeichnet. Mahvash Sabet erlangte internationale Bekanntheit, nachdem ein Band mit Gedichten, die sie im Gefängnis geschrieben hatte, auf Englisch unter dem Titel Prison Poems veröffentlicht wurde. Mahvash wurde von PEN International als „International Writer of Courage 2017“ ausgezeichnet.

Mehrere andere prominente iranische Frauen wurden zur gleichen Zeit wie Mahvash und Fariba während ihrer ersten Inhaftierung inhaftiert. Faezeh Hashemi, Tochter des ehemaligen iranischen Präsidenten Akbar Hashemi Rafsanjani, die selbst wieder im Gefängnis sitzt, weil sie die Forderungen der Frauen im Iran unterstützt, machte Schlagzeilen, als sie Fariba während ihres Freigangs und nach ihrer Freilassung besuchte. Und die iranisch-amerikanische Journalistin Roxana Saberi, die eine Zelle mit Mahvash und Fariba teilte, sagte, dass die beiden Bahá'í zu Quellen des Trostes und der Hoffnung für ihre Mitgefangenen geworden seien.

„Die Tatsache, dass das Time Magazine die iranischen Frauen zu Recht zu 'Helden des Jahres' gekürt hat, zeigt, dass die internationale Gemeinschaft den Mut und das Heldentum aller Iranerinnen anerkennt, die angesichts der gewaltsamen und brutalen Unterdrückung ihrer Rechte aufopferungsvoll Gerechtigkeit und Gleichberechtigung fordern“, fügte Noltenius hinzu. „Mahvash und Fariba sind zwei dieser Frauen, die sich seit vielen Jahren für die Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzen, Gerechtigkeit und Wahrheitsfindung fordern und dafür bereits einen hohen Preis gezahlt haben. Wir alle müssen jetzt mit ihnen und allen iranischen Frauen zusammenstehen, um von der iranischen Regierung zu fordern, dieses Urteil aufzuheben, Mahvash und Fariba und alle anderen Gewissensgefangenen freizulassen sowie alle Unterdrückungsmechanismen abzubauen, die systematisch die Menschenrechte der Bevölkerung verletzen.“

Seit der Verhaftung von Mahvash und Fariba am 31. Juli sind mehr als 320 Bahá'í von individuellen Verfolgungsmaßnahmen betroffen. Dutzende wurden an verschiedenen Orten in Shiraz, in der Provinz Mazandaran und in anderen Teilen des Landes festgenommen. Im Dorf Roshankouh wurden Häuser von Bahá'í abgerissen. Die Pläne der Regierung, die Bahá'í durch Hassreden und Propaganda zu verleumden, wurden ebenfalls aufgedeckt. Mindestens 90 Bahá'í befinden sich derzeit im Gefängnis oder werden mit entwürdigenden Fußfesseln überwacht.

Dr. Shirin Ebadi, Nobelpreisträgerin und Verteidigerin von Mahvash und Fariba während ihres ersten Prozesses, sagte 2008, dass „nicht der geringste Beweis“ vorgelegt wurde, um die Anschuldigungen bezüglich der nationalen Sicherheit oder andere Vorwürfe zu beweisen. Auch bei diesem jüngsten Prozess wurden keine neuen Beweise vorgelegt.

Hintergrund:

Mahvash, 69 Jahre alt, und Fariba, 60 Jahre alt, wurden erstmals 2008 als Mitglieder einer informellen Gruppe verhaftet, die sich in Kenntnis der iranischen Regierung um die grundlegenden seelsorgerischen Bedürfnisse der Bahá'í-Gemeinde kümmerte. Alle Mitglieder dieser Gruppe, darunter fünf Männer und zwei Frauen, wurden wegen ihrer Überzeugungen zu zehn Jahren Haft verurteilt. Mahvash, Fariba und die fünf Männer wurden schließlich 2018 freigelassen.