Bundesweites Dialogformat der Religionen soll Vorurteile abbauen und Gemeinsamkeiten fördern

DEUTSCHLANDWEIT, 9. September 2021 - Digitale Religionsgespräche sollen dazu beitragen, das Zusammenleben von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften in Deutschland zu verbessern. Vertreter von neun Religionsgemeinschaften haben am vergangenen Sonntag mit den ersten digitalen Religionsgesprächen ein neues bundesweites Dialogformat gestartet. „Ziel ist der Abbau von Vorurteilen und Ängsten gegenüber Religionen“, sagte der Geschäftsführer des Abrahamischen Forums in Deutschland, Jürgen Micksch, beim Auftakt. Mit dem neuen Format werde das vor fast 20 Jahren gegründete Deutsche Islamforum weiterentwickelt, sagte Micksch. Bei dessen Treffen kamen Vertreter der verschiedenen muslimischen Verbände, der beiden großen Kirchen und des Staates zusammen. Da inzwischen auch Persönlichkeiten anderer Religionsgemeinschaften ein Interesse an einem Austausch geäußert hatten, ergriff das Abrahamische Forum die Initiative die Begegnungen als „Digitale Religionsgespräche“ weiterzuführen. "Jetzt geht es darum, mit allen relevanten Religionen ins Gespräch zu kommen", so Micksch. Auch bauten die Religionsgespräche auf dem Arbeitskreis "Religionen laden ein" im Rahmen der UN-Wochen gegen Rassismus auf. Die digitalen Gespräche sollten zum besseren Verständnis zwischen den Religionsgemeinschaften beitragen. Schwerpunkte seien Themen des Zusammenlebens. Bei dem ersten Onlinegespräch Anfang September ging es auch um Erfahrungen mit Rassismus. In einer Videobotschaft würdigte Staatssekretär Günter Krings (CDU) aus dem Bundesinnenministerium die wichtige Funktion der Religionen für den Zusammenhalt der Gesellschaft: „Die friedensstiftende Rolle der Religionsgemeinschaften ist von unschätzbarem Wert.“ Auch die Vertreter der Religionen betonten, wie wertvoll der interreligiöse Dialog sei. „Es ist wichtig, dass wir als Religionsgemeinschaften aktiv dazu beitragen, dass Menschen friedlich miteinander leben“, sagte der Landesvorsitzende der alevitischen Gemeinden in Hessen, Ihsan Dilber. Der Vertreter der Evangelischen Kirche, Detlef Görrig, betonte, dass der interreligiöse Dialog notwendiger denn je sei. „Diese Runde“, sagte Görrig, „ist eine echte Runde für Vielfalt und Diversität.“ Im Zentrum des Meinungsaustauschs stand auch die Frage, ob neben Juden und Muslimen auch Angehörige anderer Religionen in Deutschland unter Rassismus leiden. Der Vorsitzende des Zentralrats der Jesiden in Deutschland, Irfan Ortac, sagte, dass vor allem die Kinder in den Schulen massiv von antijesidischer Diskriminierung betroffen seien. Die Anfeindungen kämen von Kindern aus Familien aus dem Nahen Osten. Ortac forderte mehr Aufklärung, um Vorurteile abzubauen. Der Vertreter der Sikh-Religion, Khushwant Singh, berichtete ebenfalls von Rassismuserfahrungen. Anhänger seiner Religion würden aufgrund ihres Turbans und Barts oft für radikale Muslime gehalten und übel beschimpft. Viele hielten sie für Taliban. Jugendliche erlebten in der Schule, dass an ihrem Haardutt gezerrt werde. Einige wendeten sich deshalb von ihren Traditionen ab. Es gelte, die jungen Menschen in ihrer Identität zu stärken. Thema der Gespräche war auch, ob in den verschiedenen Glaubensgemeinschaften die Heirat mit Angehörigen anderer Religionen erlaubt ist und ob es Möglichkeiten gibt zu konvertieren. Der Vertreter der Bahá’í-Gemeinde, Jascha Noltenius, begrüßte die Initiative der digitalen Religionsgespräche. „Wir freuen uns sehr, dass die vielfältige religiöse Landschaft in Deutschland bei diesem Format abgebildet wird und die Vertreter der Religionsgemeinschaften ihre Erfahrungen und Glaubensprinzipien darstellen können. Durch diese Begegnung wird eine respektvolle und bereichernde Verständigung auf Augenhöhe möglich, die schrittweise das friedliche Zusammenleben und den Abbau von Vorurteilen in der deutschen Gesellschaft fördert. Die monatlichen Treffen bieten die Möglichkeit in einen fortlaufenden Dialog zu treten, bei dem sicher alle Beteiligten etwas lernen werden“, so Noltenius. Die Digitale Religionsgespräche finden probeweise bis Dezember 2021 einmal monatlich statt und sind für Interessierte offen. Dabei können auch Fragen eingereicht werden, die nach Möglichkeit behandelt werden sollten. Veranstalter ist das Abrahamische Forum in Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis „Religionen laden ein“ der Stiftung gegen Rassismus. Beim Auftakt nahmen etwa 30 Personen teil, darunter Vertreter von Alevitentum, Bahá’í-Religion, Buddhismus, Christentum, Jesidentum, Judentum, Islam, Hinduismus und Sikh-Religion. Anmeldungen sind möglich über dialog@abrahamisches-forum.de